Rudolf Rach: Großes Glück mit kleiner Flamme – Kochen ist Widerstand. Westend Verl., Frankfurt/M., 2023, 128 S., 20,00 Euro, ISBN 978-3-86489-398-8, www.westendverlag.de

27 Februar 2023 0 Von Christiane Högermann

R. Rach hinterfragt mit seiner Metapher des glücksverheißenden Kochens auf kleiner Flamme unsere von kulinarischen Finessen und ausgeklügelten Strategien der Nahrungsmittelindustrie gekennzeichnete Esskultur. Sein Aufruf zur Rückbesinnung auf die Wurzeln des guten puren Geschmacks von Nahrungsmitteln ist dennoch keinesfalls eine Abrechnung mit den Machern oder Besserwisserei eines Ernährungsapostels. Der auf dem Klappentext als solcher bezeichnete, nicht ganz ironiefreie Widerstand gegen Nahrungsmittelwirtschaft, Convenienceprodukte und Meisterköche weckt Leseneugier. Was ist damit überhaupt gemeint und wir soll er aussehen?

Das von ihm durchforstete Gebiet der Ernährung mit Rückbesinnung auf die Renaissance des natürlichen Qualitätspotentials von (Grund-)Zutaten wurde bisher kaum in den Fokus gestellt. Unterhaltsam, informativ und mit eigenen kulinarischen Tipps kommt die Glücksformel daher. Da wirken auch die Prisen psychologischer und philosophischer Gedankengänge als angenehme würzende Zutaten.

Als Einstieg in einen breiten thematischen Rahmen hat der Autor ein Geschmackserlebnis aus seiner Geschmacksbiografie gewählt, das sich in sein „geschmackliches Langzeitgedächtnis“ eingebrannt hat, sehr treffend für das, was er im Folgenden mitteilen möchte. Neben Rach kommen weitere Protagonisten zu Wort, deren Schilderungen ebenfalls auf mehr Purismus und weniger nicht wirklich geschmacklich aufwertende Schaueffekte zielen. Der Leser fühlt sich abgeholt, wird sich vielleicht sogar wiedererkennen oder realisieren, dass er im Grunde selbst Vorbehalte gegen eine Pesudoverfeinerung von Gerichten, jedoch nicht den Mut hat, dazu zu stehen. Gut transportiert wird in diesem Kulinarikessay zudem die Gratwanderung zwischen unverfälschter Küche und der von Aromastoffen, Zubereitungsbereitungsmethoden, Trends u. ä. geprägten. Neben dem Lesevergnügen dürfte dieses ungewöhnliche „Küchenlatein“ mit Geschichten aus dem wirklichen Leben im Nachgang zu einer reflektierteren, vor allem differenzierteren Wahrnehmung der heutigen Esskultur beitragen.